Dankbarkeit beginnt im Kleinen. Das kann ein Foto oder ein schöner Brief sein und kann sich auf Menschen oder andere Quellen beziehen. Es ist die emotionale Antwort auf ein wahrgenommenes Geschenk (Blickhan, 2018). Dankbarkeit heißt, sich der guten Dinge bewusst zu sein, sie zu schätzen zu wissen und seinen Dank auch zum Ausdruck zu bringen. Dankbarkeit als eine positive Emotion öffnet unser Herz und geht mit einem wunderbaren und angenehmen Gefühl einher, das mit Freude und tief empfundener Wertschätzung verbunden ist (Fredrickson, 2011) und im besten Falle nicht mit Höflichkeit oder Verpflichtung verwechselt wird. Schließen Sie kurz die Augen, halten Sie inne und überlegen, wofür Sie gerade jetzt dankbar sind. Was kommt Ihnen spontan und intuitiv in den Sinn?
Dankbarkeit kann uns dabei helfen, den Blick auf das Gute zu kultivieren. Verschiedene Aspekte umfassen das Verständnis von Dankbarkeit, wie Ehrfurchtsgefühle, Demut, Fokus auf das, was man hat. Dankbarkeit für das Positive des jetzigen Augenblickes, Dankbarkeit für die Existenz anderer Menschen und auch Dankbarkeit trotz der Endlichkeit des Lebens. Eine Person kann als persönlichkeitsbedingt dankbar eingestuft werden, wenn sie die verschiedenen Aspekte von Dankbarkeit häufig, intensiv und über verschiedene Situationen und Umstände hinweg erlebt (Zygar & Angus, 2016).
Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die sich als dankbar einschätzten, eine bessere Schlafqualität, mehr positive Affekte, eine bessere psychische Gesundheit und generell mehr Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit angaben (Wood, Froh & Geraghty, 2010; Zygar & Angus, 2016). Umgekehrt war zu beobachten, dass Dankbarkeit die Sicht auf negative Zusammenhänge beeinflusste, also je dankbarer die Personen waren, desto weniger zeigten sich negative Affekte, weniger Angst, weniger psychische Krankheitssymptome und weniger Stress und Depressionen. Lambert und Kollegen (2012) fanden bei Personen mit einer erhöhten Dankbarkeit die Strategie des positiven (Um-)Bewertens („Reframing“) von herausfordernden Situationen als eine besondere Form der Stressbewältigung. Sie schienen diese Situationen als eine persönliche Weiterentwicklung und Herausforderung anzusehen. Als weitere wichtige positive Auswirkungen von dankbarem Verhalten zeigten sich bessere Beziehungen, eine bessere soziale Unterstützung sowie eine bessere soziale Integration (Froh, Emmons, Card, Bono & Wilson, 2011). Dankbarkeit hat also sowohl für die dankbare Person als auch für ihre Umwelt positive Folgen. Jeder einzelne von uns kann durch Dankbarkeit das eigene und das Leben von anderen verbessern, indem wir versuchen, diese Lebenseinstellung zu erlernen und regelmäßig im Alltag anzuwenden, wodurch wir langfristig eine positive Lebensauffassung und ein positives Wohlbefinden gewinnen können (Zygar & Angus, 2016).
Schon Francis Bacon (1561–1626) soll gesagt haben: „Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.“ Eine Veränderung der inneren Haltung, Denkweisen und Überzeugungen kommt nicht über Nacht, doch gleichzeitig ist es möglich, jeden Tag ein Stück dazu beizutragen, indem wir versuchen, uns auf Dinge zu besinnen, die am Tag gut gelaufen sind oder uns glücklich gemacht haben, z. B. anhand eines Dankbarkeitstagebuches.
Praxistipp: Das Dankbarkeits-Tagebuch
Erstellen Sie sich ein Dankbarkeits-Tagebuch, für das Sie sich am besten einmal die Woche Zeit nehmen, und stellen sich die Frage: „Wofür bin ich in meinem Leben dankbar?“ Bei diesem Rückblick auf die letzte Woche oder vielleicht auf länger vergangene Momente ergeben sich häufig grundlegende Themen, die auch langfristig konstant bleiben und uns eine Orientierung im Leben in Richtung Anerkennung und Wertschätzung des Positiven in der Welt geben.
(Zygar & Angus, 2016)
Praxistipp: Das tägliche Dankbarkeits-Tagebuch
Erstellen Sie ein tägliches Dankbarkeits-Tagebuch und versuchen Sie, sich jeden Abend auf drei Dinge zu besinnen, die am Tag gut gelaufen sind oder die Sie glücklich/zufrieden gemacht haben. Halten Sie all die schönen, kleinen und großen besonderen Ereignisse, das Gute in Ihrem Leben fest. Vielleicht legen Sie ein Foto, eine Blume oder einen Spruch dazu. Schreiben Sie die Namen der Menschen auf, mit denen Sie sich heute verbunden gefühlt haben oder die heute positiv auf Sie eingewirkt haben. Mittlerweile gibt es auch Apps für das Handy, um ein tägliches Dankbarkeits-Tagebuch zu führen.
Praxistipp: Dankbarkeitsbesuch
Denken Sie an jemanden, der noch lebt und dem gegenüber Sie eine große Dankbarkeit verspüren, die Sie jedoch noch nie ausgedrückt haben. Nehmen Sie sich eine Woche Zeit, um einen Brief der Dankbarkeit zu schreiben. Wofür sind Sie diesem Menschen dankbar? Woran erinnern Sie sich? Fassen Sie Mut und besuchen diese Person, um Ihren Brief persönlich vorzulesen.
(nach Seligman, Steen, Park & Peterson, 2005)
geschrieben von Janine Mertens
Blickhan, D. (2018). Positive Psychologie – Ein Handbuch für die Praxis (2., überarbeitete Aufl.). Paderborn: Junfermann.
Fredrickson, B. L. (2011). Die Macht der guten Gefühle – wie eine positive Haltung ihr Leben dauerhaft verändert. Frankfurt am Main: Campus.
Lambert, N. M., Fincham, F. D. & Stillman, T. F. (2012). Gratitude and depressive symptoms: The role of positive reframing and positive emotion. Cognition & Emotion, 26(4), S. 615–633.
Seligman, M. E. P., Steen, T. A., Park, N. & Peterson, C. (2005). Positive Psychology Progress: Empirical Validation of Interventions. American Psychologist, 60(5), S. 410–421.
Wood, A. M., Froh, J. J. & Geraghty, A. W. A. (2010). Gratitude and well-being: A review and theoretical integration. Clinical Psychology Review, 30(7), S. 890–905.
Zygar, C. & Angus, J. (2016). Dankbarkeit. In D. Frey (Hrsg.), Psychologie der Werte. Von Achtsamkeit bis Zivilcourage – Basiswissen aus der Psychologie und Philosophie (S. 38–52). Heidelberg: Springer.